Allgemein

Die Kardanwelle ist Teil des Antriebsstrangs und wird im Fahrzeugbau standardmäßig eingesetzt, wenn keine direkte Kraftübertragung zwischen Getriebe und Achsantrieb möglich ist. Beim T4 Syncro wird die Kardanwelle mittig am Fahrzeugunterboden nach hinten geführt, verbindet dort das Winkelgetriebe mit dem Hinterachsdifferential und sorgt für die Drehmomentübertragung an die Hinterachse. Die Kardanwelle besteht aus mindestens zwei Teilwellen, welche über ein Kardangelenk miteinander verbunden sind und somit konstruktionsbedingte Versetzungen sowie Winkeländerungen im Betrieb ausgleichen können.

Ausführungen

Grundsätzlich wurden im T4 Syncro drei verschiedene Wellen verbaut:

2-teilige Kardanwelle (kurzer Radstand)
3-teilige Kardanwelle (kurzer Radstand)
3-teilige Kardanwelle (langer Radstand)

In den frühen Baujahren wurden ausschließlich 3-teilige Kardanwellen verbaut. Mit GP 1996 wurde vermutlich aus Kostengründen die 2-teilige Welle eingeführt. Parallel dazu gab es jedoch auch Syncros nach 96, die mit der 3-teiligen Welle ausgestattet wurden. Ob ein Fahrzeug eine 2- oder 3-teilige Welle verbaut hat, kann beim KR weder an Baujahr noch an Motorisierung oder sonstigem technischen Merkmal festgemacht werden. Das Verbauen der Wellen folgte keinen festen Regeln. Lediglich der LR hat immer eine 3-teilige Kardanwelle verbaut. Beim KR hilft nur eine Sichtprüfung am Fahrezeugunterboden.

Das vordere Segment gibt es in zwei verschiedenen Ausführungen: als massive Welle und als Hohlwelle. Auch hier gibt es keine konkreten Zuordnungen, wann welche Variante verbaut wurde. Mittleres und hinteres Segment sind immer als Hohlwelle ausgeführt.

Aufbau

Im Folgenden ist der Aufbau einer 3-teiligen Kardanwelle (LR) gezeigt. Der grundlegende Aufbau ist bei allen Kardanwellen im T4 Syncro gleich. Bei der 2-teiligen Kardanwelle ist jedoch das mittlere und hintere Segment als Einheit ausgeführt, woraus ein geringerer Fertigungsaufwand resultiert sowie ein Gleichlaufgelenk und ein Mittellager eingespart werden konnte.


1) vordere Teilwelle, 2) mittlere Teilwelle, 3) hintere Teilwelle, 4) vordere Zentrierbuchse, 5) hintere Zentrierbuchse, 6) vordere Hardyscheibe, 7) Spritzschutz am Schwingungstilger, 8) hintere Hardyscheibe mit Schwingungstilger, 9) vorderer Flansch, 10) hinteres Mittellager, 11) vorderes Mittellager, 12) Spritzschutz am Mittellager, 13) hinterer Flansch, 14) vorderes Gleichlaufgelenk, 15) hinteres Gleichlaufgelenk

Die Kardanwelle des LR unterscheidet sich lediglich durch eine verlängerte mittlere Teilwelle und ist ansonsten baugleich mit der Welle des KR.

Mittlere Teilwellen ohne Mittellager und Flansche, oben: KR und unten: LR

Technische Merkmale

Hardyscheibe

Die vordere Hardyscheibe verbindet den Abtriebsflansch vom Winkeltrieb mit dem vorderen Kardanwellensegment. Die Gummigelenkscheibe ist dabei sowohl in der Lage Winkelfehler, die beispielsweise durch Nickbewegungen des Motors bei Lastwechseln entstehen können, als auch Stöße in der Drehmomentübertragung ausgleichen zu können. Die Hardyscheibe hat ein Stahlblech zum Schutz vor der Wärmestrahlung des Winkelgetriebes, welche eine beschleunigte Alterung des Elastomers verursacht. Es existiert eine alte (701521127) und eine neue Version (7D0521127) der Hardyscheibe, welche mittlerweile beide unter der gleichen Teilenummer geführt werden. Die aktualisierte Version besitzt Innengewinde zur Befestigung der Kardanwelle, sodass kürzere Schrauben (M10x30) benutzt werden müssen, welche nicht mehr wie bei der alten Version zusätzlich mit Muttern gekontert werden. Die Hardyscheiben sind bis auf dieses Detail baugleich und können gegeneinander ausgetauscht werden.

Die Übertragung des Drehmoments erfolgt über einen Formschluss der Buchsen am Abtriebsflansch sowie am Kardanwellensegment.

Gleichlaufgelenk

Die Syncro Kardanwelle ist wie im PKW-Bereich üblich nicht mit Kreuz- sondern mit Gleichlaufgelenken bestückt. Diese gleichen sowohl Knickwinkel als auch Längenänderung zwischen den Teilwellen aus. Dynamische Kickwinkel- und Längenänderungen ergeben sich Betrieb durch die in Grenzen beweglich gelagerte Motor/Getriebe-EInheit und das Hinterachsdifferential. Ein Gleichlaufgelenk ermöglich eine gleichförmigere Kraftübertragung als ein Kreuzgelenk und ist in der Regel wartungsfrei. Nach 20-30 Jahren kann es natürlich durchaus Sinn machen, die Gelenke der Kardanwelle zu tauschen. Typische Verschleißerscheinungen sind eingelaufene Kugelbahnen, die zu Klackergeräuschen unter Last führen oder ausgeschlagene Verzahnungen, wobei ein deutlich wahrnehmbare Spiel im Gelenk auftritt. Die Gleichlaufgelenke der T4 Syncro Kardanwelle haben einen Zentrierdurchmesser von ca. 100 mm und werden mit M8x48 Innenvielzahnschrauben im Flansch befestigt. Die Rückseite der Gleichlaufgelenke wird mit einem Blechdeckel verschlossen.

Manschette

Die Manschetten der Kardanwelle sind drehzahlfest ausgelegt, d.h. Sie verzichten auf einen voluminösen Faltenbalg, der sich bei hohen Drehzahlen durch die auftretenden Fliehkräfte dehnen kann und im schlimmsten Fall reißen würde. Dies ist notwendig, da sich durch das Übersetzungsverhältnis im Winkelgetriebe und Hinterachsdifferential die Kardanwelle mit 21:13 = 1,615-facher (nur frühe Baujahre) bzw. 27:17 = 1,588-facher Raddrehzahl dreht.

Mittellager

Die Mittellager (Kardanlager, Mittelwellenlager) stützen die Welle notwendiger Weise nahe den Gleichlaufgelenken. Sie bestehen aus dem Blechkäfig, einen Gummidämpfer, welcher zur Entkoppelung der Kardanwelle von der Karosserie dient sowie Bewegungen der Kardanwelle ausgleicht und dem Wälzlager an sich. Das Wälzlager war eine Sonderanfertigung vom Hersteller FAG mit der Bezeichnung FAG 577121B und wurde mit pro Seite zwei ineinandergreifenden EPDM-Profilen besonders aufwändig abgedichtet. Leider ist dieses Wälzlager heute nicht mehr zu beziehen. Die Maße sind 30x55x19 mm.

Typische Schäden am Mittellager sind verschlissene Wälzlager aber zunehmend auch stark korrodierte Lagergehäuse, da diese praktisch ohne Korrosionsschutz ausgeliefert wurden. Weiterhin verlieren die Gummidämpfer mit der Zeit ihre Schwingungs-dämpfenden Eigenschaften, da das Material verhärtet, was sich über eine verstärke Geräuschentwicklung im Innenraum bemerkbar macht.

Die Mittellager sind schon länger entfallen, auch im Zubehör gibt es keinen passenden Ersatz. Oft werden die Mittellager vom VW LT als Ersatz empfohlen, welche jedoch ohne Anpassungsarbeiten nicht montiert werden können. Entweder berührt der Gummidämpfer im eingebauten Zustand den Kardanwellenflansch oder die Lagerkäfige müssen spanend bearbeitet und die Lagerbreite mit Passscheiben ausgeglichen werden. Plug and play passende Mittellager in sehr guter Qualität gibts bei uns im Shop.

Zentrierbuchsen

Die Pilotlager (Zentrierbuchsen) zentrieren die Kardanwelle auf dem Zapfen des Winkelgetriebes bzw. der Eingangswelle vom Hinterachsdifferential und sorgen somit für eine bestmögliche Laufruhe der gesamten Welle. Der Zentrierdurchmesser beträgt 16,0 mm sowohl am Winkeltrieb als auch am Differential. Die Zentrierung erfolgt jedoch nicht starr, da an beiden Enden ein Knickwinkel durch Motor und Getriebebewegungen auftreten kann und die Kardanwellensegemente nie perfekt mit den Zapfen fluchten. Der Zentrierring ist daher schwimmend in der Buchse gelagert bzw. einvulkanisiert. Um Korrosion am Zapfen zu vermeiden, verfügt die Buchse abschließend über einen Wellendichtring.

Die Buchsen können beim Ausbau leicht beschädigt werden, wenn die Welle nicht möglichst gerade vom Zentrierzapfen abgezogen, sondern beim Ausbau abgeknickt wird. Dies ist sowohl vorne am Winkelgetriebe als auch am Hinterachsdifferential zu beachten. Beim Wechsel der Buchsen ist es wichtig zu wissen, dass diese keinen Endanschlag in der Kardanwelle haben. Die Buchsen sind einzupressen, bis ein bestimmter Überstand gemessen werden kann. Wir haben diesen Überstand an einer Vielzahl von Kardanwellen gemessen und können daher folgende Werte empfehlen:

vorderes Segment (Zentrierung am Winkelgetriebe): 15,0 mm
hinteres Segment (Zentrierung am Hinterachsdifferential): 24,0 mm

Schwingungstilger

Die hintere Hardyscheibe mit Schwingungstilger verbindet die Kardanwelle mit der Viscokupplung bzw. dem Hinterachsdifferential und sorgt für einen ruhigen und schwingungsarmen Lauf der Welle indem er durch das federnd gelagerte, rotationsymmetrische Gewicht Torsionsschwingungen im Bereich der Resonanzfrequenz der gesamten Kardanwelle tilgt. Durch die Topfform kann der Tilger Dreck sammeln, welcher eine Unwucht in der Kardanwelle verursachen würde, daher wird das Gewicht mit einem Gummideckel an der Vorderseite verschlossen.

Die Drehmomentübertagung erfolgt auch hier formschlüssig. Dabei ist zu beachten, dass der originale T4 Syncro Tilger mit der Teilenummer 701521309 beiseitig 22,0 mm Buchsen hat. Der OEM Tilger ist als Ersatzteil nicht zu beziehen. Oft werden die hinteren Hardyscheiben vom Golf 4, Golf 5 oder Tiguan 4Motion zur Reparatur empfohlen, welche rein vom Lochkreis passen. Diese Tilger weisen jedoch einen Unterschied im Bereich der Buchsen auf. Die Kardanwellenseite hat einen Durchmesser von 21,0 mm, die Differentialseite 22,0 mm. Vermutlich wurde diese Änderung gewählt, da der Tilger durch den geringeren Formfaktor auch seitenverkehrt montiert werden kann. Diese potentielle Fehlmontage wird durch unterschiedliche Zentrierdurchmesser verhindert.

Die zu kleinen Buchsen verhindern in der T4 Kardanwelle jedoch eine korrekte Drehmomentübertragung durch Formschluss. Folglich ergibt sich eine querbelastete Schraubverbindung die nicht für die kraftschlüssige Übertragung des gesamten Drehmoments ausgelegt ist. D.h. bei Lastwechseln kann sich der Tilger relativ zur Kardanwelle verdrehen, was zum Lösen der Befestigungsschrauben führen kann. Es ist unerlässlich an dieser Stelle eine passende Hardyscheibe mit beidseitig 22 mm Buchsen zu verwenden.

Einen passenden Schwingungstilger mit 22 mm Buchsen beidseitig sowie Schrauben in korrekter Festigkeit und Länge gibts bei uns im Shop.

Sonstige Infos

Laufruhe

Aufgrund der relativ hohen Drehzahlen im Betrieb werden Kardanwellen für eine absolute Laufruhe im Zusammenbau dynamisch feingewuchtet. Dies geschieht, indem Wuchtgewichte auf dem Außenumfang der Rohrstücke verschweißt werden. 

Bei der Demontage sollte daher beachtet werden, dass die relative Stellung der einzelnen Segmente zueinander genau markiert ist, um die Montage in gleicher Position wieder zu gewährleisten. Insbesondere beim Entfernen der Flansche (z.B. bei Wechsel der Mittellager) ist die korrekte Position des Flansches auf der Wellenverzahnung wiederherzustellen. Jedes Kardanwellensegment weist eine Restunwucht auf. Wird die Kardanwelle ungünstig zusammengesetzt und liegen die Restunwuchten auf einem Winkel, können sich aus der resultierenden Unwucht geschwindigkeitsabhängige Vibrationen bzw. Dröhngeräusche im Bereich des Bodenblechs ergeben.

Mit zunehmenden Alter der Fahrzeuge leiden auch die Kardanwellen vermehrt unter Korrosion. So sind oftmals die Wuchtgewichte nur noch teilweise vorhanden oder bereits verschwunden, was sich im Einzelfall durchaus negativ auf die Laufruhe der Kardanwelle auswirken kann.Eine schlecht ausgewuchtete Kardanwelle führt zu erhöhtem Verschleiß an allen mit der Welle in Verbindung stehenden Bauteilen.

Relevante Anzugsmomente

Hardyscheibe an Winkelgetriebe (M10): 55 Nm
Kardanwelle an Hardyscheibe (M10): 55 Nm
Gleichlaufgelenk an Flansch (M8): 40 Nm
Mittellager an Halter (M8): 30 Nm
Zentralschraube Flansch (M10): 60 Nm + hochfeste Schraubensicherung
Kardanwelle an Schwingungstilger (M10): 55 Nm
Schwingungstilger an Viscokupplung (M10): 55 Nm

Maße und Gewichte

Im folgenden sind die für Versandzwecke relevanten ungefähren Abmessungen und Gewichtsangaben zusammengestellt. Die Gewichte unterscheiden sich geringfügig je nachdem, ob die vordere Teilwelle massiv oder als Hohlwelle ausgeführt ist. Gewichte von etwaigen Schrauben sind nicht berücksichtigt. Die Längenangaben sind als ca.-Maße zu verstehen, da die Gleichlaufgelenke natürlich durch den Längenausgleich die Welle leicht verkürzen oder verlängern können.

Längen

vorderes Segment, alle: 96 cm
mittleres Segment, 3-teilige Welle, KR: 101 cm
mittleres Segment, 3-teilige Welle, LR: 141 cm
hinteres Segment, 2-teilige Welle: 162 cm
hinteres Segment, 3-teilige Welle: 64 cm

Gewichte

Hardyscheibe 0,7 kg
Schwingungstilger OEM: 4,4 kg
Schwingungstilger allradbus: 2,7 kg
vorderes Segment, massiv, ohne Hardy: 8,1 kg
vorderes Segment, Hohlwelle, ohne Hardy: 7,4 kg
mittleres Segment KR: 6,7 kg
mittleres Segment LR: 8,7 kg
hinteres Segment, 2-teilige Welle, ohne Tilger: 8,6 kg
hinteres Segment, 3-teilige Welle, ohne Tilger: 8,9 kg

Je nach Ausführung und Vollständigkeit der Kardanwelle, kann das Versandgewicht stark variieren, wie sich durch addieren der Teilgewichte im Folgenden leicht erkennen lässt:

Kardanwelle, 2-teilig, hohl, ohne Hardy, ohne Tilger: 16 kg
Kardanwelle, 3-teilig, massiv, LR, mit Hardy, mit Tilger: 30,8 kg